sexta-feira, 1 de maio de 2020

3. Liga zwischen Pest und Cholera in der Coronakrise: Welcher Weg führt schneller in die Pleite?


Die Mannschaften der 3. Liga sind während der Coronakrise tief gespalten in der Frage nach einer Fortsetzung der Saison. Die Gegner von Geisterspielen fürchten aufgrund der hohen Kosten eine baldige Pleite, die Befürworter werfen der Gegenseite beim Blick auf die Tabelle sportliches Kalkül vor. Die Fußball-Kolumne.

Zehn Ex-Bundesligisten umfasst die prominente Liste der Traditionsklubs in der 3. Liga, auf der auch die einstigen Meister 1. FC Kaiserslautern, 1860 München und Eintracht Braunschweig stehen. Hinzu kommen mehrere frühere DDR-Oberligisten, darunter mit dem 1. FC Magdeburg sogar ein ehemaliger Europapokalsieger.



Doch die hochkarätigen Namen stehen gleichzeitig exemplarisch für das große Problem: Die meisten Klubs hat ihr sportliches und wirtschaftliches Missmanagement in die Drittklassigkeit geführt, die sich fast keiner auf Dauer leisten kann. Denn die Liga ist seit ihrer Einführung 2008 ein einziges Minusgeschäft. In neun Jahren schloss die Mehrheit der Teams die Saison mit Verlusten ab, im Schnitt mit 1,5 Millionen Euro pro Verein.

Mehrere Drittligisten mussten daher in der Vergangenheit Insolvenz anmelden, unter anderem Alemannia Aachen, Kickers Offenbach und Rot-Weiß Erfurt. Nun droht die Liste aufgrund der Folgen der Corona-Pandemie deutlich länger zu werden - und zwar, egal ob die Spielzeit fortgesetzt wird oder nicht.




Drittligisten bekommen nur Bruchteil des TV Gelds

Schon vor dem Ausbruch waren die Budgets der Vereine extrem auf Kante genäht, 13 der 20 Mannschaften schlossen das Vorjahr mit Verlust ab. Durch Corona entfallen nun die Einnahmen bei Heimspielen (rund 20 Prozent der Etats) und durch Werbung (rund 40 Prozent), zumal sich zahlreiche der vielen eher kleineren Geldgeber aufgrund der Krise bereits zurückgezogen haben.
Sollte die Saison mit Geisterspielen fortgesetzt werden, würden Einnahmen durch die TV-Gelder nur einen Teil der Ausfälle kompensieren. Rund 26 Millionen Euro pro Saison bekommen die Drittligisten - ein Bruchteil der knapp eine Milliarde, die die DFL von den Rechteinhabern einnimmt und an die Erst- und Zweitligisten weitergibt.
Auf der Gegenseite stehen erhöhte Kosten von geschätzt um die 600.000 Euro pro Team durch fehlende Zuschauereinnahmen und vor allem die deutlich erhöhten Sicherheits- und Hygienemaßnahmen, inklusive regelmäßiger Tests auf Covid-19.

3. Liga: "Für uns wären Geisterspiele ein Genickbruch"

Darüber hinaus haben fast alle Mannschaften ihre Spieler und die meisten Angestellten in Kurzarbeit geschickt, müssten sie bei einer Rückkehr zum Spielbetrieb aber aus ihren leeren Kassen wieder voll bezahlen. "Für uns wären Geisterspiele ein weiterer Genickbruch. Sollte dieser Fall eintreten, ist der Gang zum Insolvenzgericht unumgänglich", sagte Tobias Leege, Vorstandssprecher des FSV Zwickau.
Entsprechend groß ist die Zahl der Befürworter eines freiwilligen Saisonabbruchs. Bei einer teilweise sehr emotional geführten Video-Konferenz der 20 Vereine am Montag votierten am Ende acht dafür. Da sich aber Kaiserslautern und der SV Meppen enthielten und der Chemnitzer FC überraschend die Seiten wechselte, stand am Ende eine Mehrheit von zehn Teams für eine Fortsetzung.
"Es gebietet der Sportsgeist, dass man sportliche Wettbewerbe grundsätzlich zu Ende bringt", begründete Hachings Präsident Manfred Schwabl bei SPOX und Goal seine Position. Allerdings bringt seine Fraktion ebenfalls wirtschaftliche Argumente ins Spiel: Die Zahlungen des TV-Rechteinhabers MagentaSport, dem man zudem ein Signal für eine weitere verlässliche Zusammenarbeit geben müsse, sowie die nur im Fall von Geisterspielen zugesagten Sponsoreneinnahmen. Darüber hinaus könnten bei Heimspielen aufgrund des geringeren Aufwands bis zu 85 Prozent der Kosten eingespart werden. Insgesamt stünden rund 4000 Jobs auf dem Spiel.
Vor allem aber sei ein Verzicht auf Begegnungen hinter verschlossenen Türen gleichbedeutend mit einem Spielstopp bis ins nächste Jahr, weil man so lange auf einen Impfstoff warten müsse. "Was ist die Alternative bei den Aussagen renommierter Experten, dass 2020 keine Spiele mehr vor Zuschauern stattfinden können?", fragte Günther Gorenzel, Sportchef von 1860 München. "Wenn ich jetzt den Saisonabbruch fordere, weil Geisterspiele wirtschaftlich nicht tragbar sind - was machen wir dann bis ins Frühjahr 2021?"




3. Liga: Die Gegner würden von einem Abbruch profitieren

Da beide Seiten bislang wenig Kompromissfähigkeit zeigten, ist die Situation kaum zur Zufriedenheit aller zu lösen. "Wie sich eine Liga selbst zerlegt", kommentierte der kicker den Machtkampf. Zumal die Befürworter von Geisterspielen der Gegenseite auch sportliches Kalkül unterstellen, den ein Blick auf die aktuelle Tabelle nach 27 Spieltagen zumindest nachvollziehbar macht.
Denn die acht Gegner würden von einem Abbruch profitieren: Die beiden Erstplatzierten, Duisburg und Waldhof Mannheim, stiegen auf, die letzten sechs Mannschaften nicht ab. Für den Fall einer kompletten Annullierung soll Spitzenreiter MSV bereits ein Rechtsgutachten in der Schublade haben, mit dem er den Zweitliga-Aufstieg im Zweifel vor Gericht durchdrücken will.
Daher sah sich der Deutsche Fußball-Bund genötigt, die gespaltene Liga nach der Devise "Was nicht passt, wird passend gemacht" per Ansage von oben zur Ordnung zu rufen. "Das Ergebnis der Abfrage ist von allen zu respektieren und akzeptieren", erklärte Vizepräsident Peter Frymuth nach der jüngsten Abstimmung sämtliche weitere Diskussionen für beendet.



Halle-OB Wiegand: "Keine Sonderstellung des Fußballs"

Was auch daran liegt, dass der DFB als Träger und Zentralvermarkter der 3. Liga bei einem Abbruch sämtliche Haftungs- und Schadenersatzrisiken übernehmen müsste. "Klar ist: Das Gesamtwohl der Liga ist über Einzelinteressen zu stellen", ergänzte Frymuth.
So klar ist das allerdings nach wie vor nicht, zumal ein offizielles Votum des DFB-Präsidiums aussteht. Zwar soll es bereits einen fertigen Rest-Spielplan mit fünf englischen Wochen ab Mitte/Ende Mai geben, doch nur wenn die Politik dem DFL-Konzept für Bundesliga und 2. Liga grünes Licht erteilt, kann auch die 3. Liga wieder spielen. Allerdings eben auch nur, wenn alle Vorgaben der zuständigen Gesundheitsämter erfüllt sind.
Und hier gibt es massiven Widerstand - interessanterweise vor allem bei den Austragungsorten der Gegner von Geisterspielen. So hat Bernd Wiegand, Oberbürgermeister von Halle an der Saale, eine Spielerlaubnis für den heimischen HFC kategorisch ausgeschlossen. Auch Spiele ohne Zuschauer seien nach aktuellem Stand "mit den gegebenen Regeln zu Abstand und Sicherheit nicht zu verantworten", sagte der parteilose Politiker der Mitteldeutschen Zeitung. "Eine Sonderstellung des Fußballs" bezüglich der Lockerungsmaßnahmen werde es nicht geben.
Nun heißt es abwarten, denn die geplante Öffnung weiter öffentlicher Bereiche in den kommenden Wochen könnte auch den Plänen des organisierten Fußballs zu Gute kommen - genauso wie eine zweite Infektionswelle wohl alle Hoffnungen zunichte machen würde.
Der DFB hat bereits Vorkehrungen getroffen: Am Donnerstag wurde für den 25. Mai der erste virtuelle außerordentliche Bundestag einberufen. Nur dieses Gremium kann über einen Saisonabbruch entscheiden. Sollte es so kommen, dürfte eine Pleitewelle in der 3. Liga die Folge sein.





Die Tabelle der 3. Liga

PlatzTeamSp.ToreDiffPkt.
1.MSV Duisburg2750:351547
2.Waldhof Mannheim2741:311044
3.SpVgg Unterhaching2740:31944
4.SV Meppen2750:361442
5.FC Ingolstadt2747:341342
6.1860 München2745:38742
7.Bayern München II2752:46641
8.FC Hansa Rostock2736:31541
9.Eintracht Braunschweig2742:38441
10.Würzburger Kickers2748:45341
11.KFC Uerdingen 052732:39-739
12.FC Viktoria Köln2746:53-735
13.Chemnitzer FC2744:44034
14.1. FC Kaiserslautern2742:45-334
15.Magdeburg2737:31633
16.Hallescher FC2743:43033
17.FSV Zwickau2740:41-132
18.SC Preußen 06 Münster2737:48-1127
19.Sonnenhof Großaspach2723:52-2921
20.FC Carl Zeiss Jena2727:61-3417

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