Auf dem Fußballplatz ist der Leverkusener
Kai Havertz ein Schnellstarter. Kein anderer Profi in der Bundesliga-Geschichte hat in so jungen Jahren bereits 50 Partien in der Bundesliga absolviert. Nun wartet das nächste Highlight auf den deutschen U 19-Nationalspieler. Im
DFB-Pokalhalbfinaleempfängt
Bayer Leverkusen am Dienstagabend (ab 20.45 Uhr, live in der ARD und bei Sky) den
FC Bayern München. Im
DFB.de-Interview spricht der 18-Jährige mit Mitarbeiter
Tobias Gonscherowskiüber das Duell mit dem Rekordpokalgewinner, seine ersten Erinnerungen an den DFB-Pokal und seinen Traum von der A-Nationalmannschaft.
DFB.de: Kai Havertz, Glückwunsch zu Ihrem gerade beim 4:1 gegen
Eintracht Frankfurt aufgestellten Rekord. Sie sind jetzt der jüngste Spieler der Bundesliga-Geschichte, der sein 50. Punktspiel bestritten hat. Bei Ihnen läuft es gerade richtig gut, zumal Ihnen gegen Frankfurt auch noch zwei Assists gelangen.
Kai Havertz: Es läuft gerade nicht nur bei mir, sondern bei der ganzen Mannschaft gut. Die zwei Siege (gegen Leipzig und Frankfurt; Anm. de. Red.) waren extrem wichtig für uns. Wir sind jetzt wieder oben mit dabei.
DFB.de: Was bedeutet Ihnen der Rekord?
Havertz: Es ist auf jeden Fall eine schöne Sache, darüber freue ich mich auch. Aber in unserer Situation ist er auch nicht so relevant. Es gibt wichtigere Dinge. Und man kann sich auch nicht darauf ausruhen, weil es immer weiter geht.
DFB.de: Nun steht das Halbfinale im DFB-Pokal an. Welche persönlichen Erlebnisse und erste Erinnerungen verbinden Sie mit dem Pokal?
Havertz: In unserer Familie spielte das Finale des Jahres 2004 zwischen Alemannia Aachen und
Werder Bremen eine große Rolle. Allerdings kann ich mich nicht mehr so richtig daran erinnern. Ich war damals erst fünf Jahre alt und wie die ganze Familie ein leidenschaftlicher Anhänger von Alemannia Aachen. Meine Familie ist damals zum Finale nach Berlin gefahren und hat es sich vor Ort angeschaut. Ich hatte früher auch eine Dauerkarte für den Tivoli.
DFB.de: Diesmal sind Sie als Profi selbst aktiv. Ordnen Sie das Halbfinale gegen den Rekordmeister ganz oben in der Liste Ihrer bisherigen Karrierehighlights ein?
Havertz: Ja, klar. In unserer Mannschaft haben noch nicht viele Spieler an einem Halbfinale im DFB-Pokal teilgenommen.
DFB.de: Mit den beiden 4:1-Erfolgen gegen direkte Konkurrenten im Kampf um die Champions-League-Plätze hat sich Bayer fürs Duell gegen die Bayern richtig warmgeschossen...
Havertz: Die Siege waren wichtig für unser Selbstvertrauen. Wir wissen aber auch, dass die Bayern noch mal ein anderes Kaliber sind. Dennoch können und werden wir mit breiter Brust auftreten. Wenn wir noch einmal so auftreten wie in den beiden vergangenen Spielen, haben wir auch gegen die Bayern eine Chance.
DFB.de: Immerhin hat Bayer Sven Bender in seinen Reihen, der mit
Borussia Dortmund schon fünf Endspiele bestritten und mehrfach gegen den FC Bayern gewonnen hat. Hat er die Mannschaft schon auf das Duell eingeschworen?
Havertz: Noch nicht wirklich. Das wird er wahrscheinlich ab sofort machen. Wir haben natürlich schon ein bisschen darüber gesprochen, er hat ja auch schon einige Titel gewonnen. Ich nehme jeden Tipp, den ich bekommen kann, dankbar an. Er hat schon so viele Erfahrungen in solchen Spielen gesammelt und weiß, wie solche Spiele ablaufen.
DFB.de: Auch Stefan Kießling kann die eine oder andere Pokalanekdote erzählen. Er war bei Leverkusens letztem Auftritt in Berlin im Jahr 2009 auch dabei. Auf dem Weg ins Endspiel hat die Werkself übrigens auch den FC Bayern ausgeschaltet.
Havertz: Es wäre natürlich überragend, wenn "Kies" zum Abschluss seiner Karriere noch mal mit uns ins Pokalfinale einzieht. Darauf hat er uns schon vor Saisonbeginn aufmerksam gemacht. Auch deshalb werden wir nun alles in der Waagschale werfen, um ihm diesen Traum zu ermöglichen.
DFB.de: Lassen Sie uns über den FC Bayern reden. Gegen die Mannschaft von Jupp Heynckes hat Leverkusen in dieser Saison zweimal 1:3 verloren. In München war die Mannschaft gleichwertig, ging aber mit ihren Tormöglichkeiten verschwenderisch um. Was muss besser werden, um die Münchner zu schlagen?
Havertz: Die Konsequenz vor dem gegnerischen Tor muss besser werden. Wie Sie gesagt haben, hatten wir in München relativ viele Torchancen. Da wäre ein 2:2 oder 3:3 möglich gewesen. Im Rückspiel waren wir dann zu Hause im Defensivverhalten zu häufig zu offen. Und vorne haben wir die Räume zu wenig genutzt, auch das müssen wir verbessern. Wir wollen wieder unseren offensiven, attraktiven Fußball spielen. Wir haben in den vergangenen Spielen gezeigt, dass wir es können. Auch wenn es gegen die Bayern noch mal schwerer wird, bin ich guter Dinge.
DFB.de: Erklären Sie doch bitte, worin die größten Schwierigkeiten in Spielen gegen den FC Bayern liegen.
Havertz: Die Bayern haben eigentlich keine B-Elf. Gegen Mönchengladbach (Bayern siegte am vergangenen Samstag in der Bundesliga mit 5:1; Anm. d. Red.) spielte nominell zwar die B-Mannschaft. Trotzdem standen nur Spieler mit sehr viel Erfahrung und Klasse auf dem Platz. Gegen sie ist es immer schwer. Als Gegner läuft man dann meistens dem Ball hinterher und wird auch irgendwann müde. Das muss uns auch klar sein. Wir werden alles raushauen.
DFB.de: Wie viel Spaß macht es Ihnen, in der Werkself mit vielen jungen Spielern zu kicken?
Havertz: Es macht extrem viel Spaß, weil wir neben den jungen Spielern auch eine gute Mischung haben. Wir haben junge Spieler, die sehr hungrig sind, und viele erfahrene Spieler wie "Kies" oder die Bender-Zwillinge. Wir verstehen uns alle gut, und das spiegelt sich dann auch auf dem Platz wider.
DFB.de: Haben Sie Vorbilder in Ihrer Jugend gehabt?
Havertz: Früher war es Lionel Messi. Danach habe ich mich an Spielern wie Mesut Özil orientiert, dessen Spielweise mir sehr gut gefällt. Ein richtiges Vorbild habe ich aber mittlerweile nicht mehr.
DFB.de: Mesut Özil ist Weltmeister geworden. Sie selbst haben mit der U 19-Auswahl des DFB im März die EM denkbar unglücklich verpasst. Wie groß war die Enttäuschung?
Havertz: Es war sehr enttäuschend. Wir waren ja schon fast weiter, als im Parallelspiel noch kurz vor Schluss das entscheidende Tor fiel. Das war extrem bitter. Unser Trainer Meikel Schönweitz hat es aber ganz gut getroffen, als er darauf hingewiesen hat, dass wir noch sehr jung seien und aus solchen Niederlagen am meisten lernen würden.Ich habe das Aus abgehakt und mich auf andere Aufgaben konzentriert.
DFB.de: Wie sieht Ihre Perspektive beim DFB aus, rechnen Sie sich auf lange Sicht Chancen auf die A-Nationalmannschaft aus?
Havertz: Langfristig schon. Das ist mein Traum. Aber ich weiß auch, welche Qualität dem Bundestrainer im Moment zur Verfügung steht. Es dürfte deshalb schwer werden, in die aktuelle Mannschaft zu kommen. Jetzt konzentriere ich mich voll auf meine Aufgaben in Leverkusen.