sábado, 13 de junho de 2020

Per Lockl verrät: Gladbach hat 30 Scoutingberichte über mich angefertigt

Per Lockl ist der Sprung in den Profibereich geglückt. Der im wenige Kilometer von Frankfurt entfernten Bad Vilbel geborene Linksfuß verlässt das Nachwuchsleistungszentrum des VfB Stuttgart in Richtung Borussia Mönchengladbach. Am Niederrhein hat der 19-Jährige einen Dreijahres-Vertrag unterschrieben. Er wird nun seine ersten Erfahrungen im Herrenbereich bei der U23-Auswahl der Gladbacher in der Regionalliga West sammeln. Das Ziel des bisherigen Kapitäns der U19-Mannschaft  des VfB Stuttgart ist aber klar vorgegeben: Einsätze in der Bundesliga zu erhalten. Im Interview mit fussball.news spricht Per Lockl nun ausführlich darüber, wie es zum überraschenden Wechsel von Stuttgart nach Gladbach kam, was ihn an Borussia besonders beeindruckt – und warum er den VfB-Verantwortlichen für die vergangenen Jahre in Stuttgart sehr dankbar ist.





Das Interview führte fussball.news-Reporter Christopher Michel
fussball.news: Herr Lockl, nach vier Jahren beim VfB Stuttgart haben Sie sich nun Borussia Mönchengladbach angeschlossen, wo Sie zunächst in der zweiten Mannschaft Spielpraxis sammeln. Hat der Klub-Wechsel Ihr Umfeld überrascht?
Per Lockl: Der Wechsel zu Borussia Mönchengladbach hat sich schon länger angebahnt. Ich durfte allerdings keinem etwas davon erzählen, da es vertraute Gespräche waren, nur meine Familie und meine Freundin waren eingeweiht. Nach der Verkündung meines Wechsels war bei mir die Erleichterung groß. Mich haben dann viele Freunde angeschrieben, die die Bilder in den sozialen Netzwerken gesehen oder Berichte über den Transfer gelesen haben. Es war schon irgendwie ein komisches Gefühl, dass der Transfer viele überrascht hat, weil die Nachricht für mich persönlich natürlich nicht mehr überraschend war. Ich habe aber durchweg positive Reaktionen erhalten. Mich haben auch Gladbacher Fans über die Social-Media-Kanäle angeschrieben. Es war schon interessant, die Kommentare bei Twitter darüber zu lesen, was die Fans über meinen Wechsel denken. Von Stuttgarter Seite gab es von keinem Fan negative Kommentare. Viele konnten den Schritt nachvollziehen. Das hat mich darin bestärkt, dass ich eine gute Entscheidung getroffen habe.
fussball.news: Wann und wie kam der erste Kontakt zu den Gladbacher Verantwortlichen zustande?
Lockl: Da muss man schon etwas weiter zurückblicken. Als ich 2016 vom FSV Frankfurt zum VfB Stuttgart gewechselt bin, war Borussia Mönchengladbach bereits auch an mir interessiert. Damals habe ich den Gladbachern zwar abgesagt, aber im Verein arbeiten immer noch die gleichen Funktionäre zusammen, die mich damals schon verpflichten wollten. Wie sich in den Gesprächen herausgestellt hat, haben sie aber meinen Weg weiterhin ganz genau verfolgt und viele meiner Spiele in den vier Jahren angeschaut. Dass sie schon über einen so langen Zeitraum meine Leistungen beobachten, beeindruckt mich und deute ich als absolut positiven Faktor. Der erste intensive Kontakt mit Gladbach erfolgte nun im vergangenen Winter, rund um denMercedes-Benz-Cup, dem Hallenturnier in Stuttgart.
fussball.news: Sie haben bei dem Hallenturnier mit einem Treffer und drei Torvorlagen sportlich überzeugt. Auch in den Medien gab es positive Kritiken.
Lockl: Das war natürlich ein schönes Gefühl, würde ich persönlich aber nicht zu hoch hängen, da es ja „nur“ ein Hallenturnier war. Man sieht dort allerdings gewisse Dinge in relativ kurzer Zeit, wie zum Beispiel die technischen Grundlagen. Bei den Gesprächen nach dem Turnier mit der Borussia kam auch dies zur Sprache. Nach dem Turnier und im letzten halben Jahr haben sich die Gespräche mit den Gladbachern dann intensiviert und ich bin mit meinem Berater nach Gladbach gefahren und habe mir das Gelände und die Infrastruktur des Klubs angesehen. Dazu gab es Gespräche mit den Verantwortlichen, die mich schlussendlich gefragt haben, ob ich mir einen Wechsel von Stuttgart nach Gladbach vorstellen kann.
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Die Karriere von Per Lockl
  • 2005 bis 2011: SSV Heilsberg
  • 2011 bis 2016: FSV Frankfurt
  • 2016 bis 2020: VfB Stuttgart
  • Ab Juni 2020: Borussia Mönchengladbach U23
  • Neun U-17-Länderspiele mit einem Treffer
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fussball.news: Saß auch Gladbachs Sportchef Max Eberl bei den Verhandlungen mit am Tisch?
Lockl: Max Eberl wollte eigentlich bei dem Gespräch dabei sein, war auch informiert und wusste Bescheid, doch aufgrund der gesetzlichen Bestimmungen durch die Coronakrise konnte er dann doch nicht anwesend sein. Max Eberl ist allerdings auch mitverantwortlich für die Kaderplanung der U23, weshalb auch er dem Wechsel gutgeheißen hat. Es ist den Verantwortlichen der Borussia wichtig, dass es keine zwei voneinander abgeschotteten Teams gibt. Roland Virkus, der Leiter des NLZ, und Max Eberl stimmen vieles miteinander ab. Im Normalfall fahren die erste und zweite Mannschaft beispielsweise zusammen ins Trainingslager.
fussball.news: Trotz Ihres Wechsels: Sie haben stets betont, dass Sie in Stuttgart eine gute Zeit hatten. Viele Fans, die das Geschehen im NLZ genau beobachten, haben Ihren Abgang nun bedauert. Immerhin waren Sie Kapitän der U19-Auswahl des VfB. Warum haben Sie sich dennoch für den Wechsel nach Gladbach entschieden?
Lockl: Mich hat überzeugt, wie Gladbach mit mir die sportliche Zukunft plant. Sie haben mir in den Gesprächen sehr viel Vertrauen entgegengebracht. Gladbach ist ein Verein, der meist um die Champions-League-Plätze kämpft. Obwohl der Klub zu den Top-Teams in der Bundesliga zählt, haben mir die Verantwortlichen einen Weg aufgezeigt, wie ich mich kontinuierlich entwickeln kann, um meinen Traum vom Bundesligaspieler zu verwirklichen. Mir hat es natürlich geschmeichelt, dass mich die Verantwortlichen – langfristig gesehen – in der Profi-Mannschaft etablieren wollen. Und wie schon erwähnt: Ich habe Gladbach vor rund vier Jahren für einen Wechsel abgesagt – und dennoch hat der Verein meinen bisherigen  Karriereverlauf intensiv weiterverfolgt. Wie ich erfahren habe, hat Gladbach in den vier Jahren über 30 Scoutingberichte über mich angelegt. So ein starkes Bemühen! Sie sind immer an mir drangeblieben, haben mich weiter beobachtet und auf dem Zettel gehabt. Das fand ich insgesamt sehr stark, sehr beeindruckend.
fussball.news: Denis Zakaria, Florian Neuhaus, Christoph Kramer, Laszlo Benes, Jonas Hofmann und Tobias Strobl spielen derzeit im Zentrum bei Gladbachs Bundesligamannschaft. Perspektivisch gesehen: Trauen Sie sich den Sprung in die Profimannschaft zu?
Lockl: Unser Plan ist es, dass ich über die zweite Mannschaft an die 1. Mannschaft herangeführt werde. Aber es geht nur Schritt für Schritt: Ich werde nun erstmals im Herrenbereich spielen. Das ist auch bei der Zweiten Mannschaft etwas anderes als im Jugendbereich, weil ich jetzt gegen Männer spiele und nicht mehr alle gleichaltrig sind. Daran muss ich mich vor allem körperlich gewöhnen. Ich bin fokussiert darauf, diesen ersten großen Schritt erfolgreich zu meistern. Ich setze mich nicht unter Druck und bin noch relativ jung.
fussball.news: Mit Alemannia Aachen, RW Essen oder RW Oberhausen warten in der Regionalliga West Duelle mit Traditionsteams, da wird Ihnen sicherlich einiges abverlangt. Wie stellen Sie sich spielerisch, mental und körperlich auf den Herrenbereich ein?
Lockl: Es ist völlig klar, dass es in der Regionalliga für mich körperlich deutlich härter zur Sache gehen wird. Ich bin mit meinen 1,73 Meter auch nicht der größte Spieler, daher muss ich weiter an meiner Athletik arbeiten. Dadurch, dass nun der Spielbetrieb gerade ausgesetzt ist, habe ich Zeit, körperliche Defizite aufzuholen und zum Beispiel Muskelmasse aufzubauen. Ich will aber nicht alles auf die Athletik-Schiene schieben. Wenn man ein guter Fußballer ist, dann kann man Situationen auch fußballerisch lösen. Generell erwarte ich auch, dass das Spiel in der Regionalliga schneller wird.
fussball.news: Wo sehen Sie denn persönlich Ihre fußballerischen Stärken?
Lockl: Ich denke, zu meinen Stärken zählen mein Spielverständnis und das Passspiel sowie der Torabschluss mit meinem linken Fuß. Ich denke auch, dass ich für Überraschungsmomente im Aufbauspiel sorgen kann. Als Kapitän der U19-Auswahl des VfB Stuttgart hat es mir auch große Freude bereitet, für einen guten Teamgeist zu sorgen. Dazu zählt für mich auch, in der Defensivarbeit auf dem Platz ordentlich dazwischenzuhauen, wenn es sein muss.
fussball.news: Und wo sehen Sie noch Verbesserungsbedarf?
Lockl: Ganz eindeutig: Bei meinem rechten Fuß gibt es Verbesserungspotenzial. Zudem will ich mich besonders beim Thema Kopfballspiel noch weiter entwickeln. Das sind die Sachen, an denen ich arbeiten muss.
fussball.news: Sechser, Achter oder Zehner?Auf welcher der drei zentralen Mittelfeld-Positionen fühlen Sie sich denn am besten aufgehoben?
Lockl: Das kommt auch ein bisschen auf den Gegner an. Manchmal spiele ich gerne auf der Sechs im defensiven Mittelfeld, dann habe ich das Spiel vor mir. In einigen Spielen wäre ich gerne auf der Position des Spielmachers, um näher am gegnerischen Tor zu sein. Im Großen und Ganzen fühle ich mich aber auf der Achter-Position am wohlsten. Ich sehe mich nicht als reiner Sechser, der nur Defensivarbeit übernimmt oder Abräumer ist. Andererseits bin ich auch nicht der klassische Zehner, der permanent in die Tiefe geht. Auf der Acht ist es ein Zwischending. Ich muss natürlich auch meine Defensivarbeit verrichten, aber in dieser Rolle kann ich auch nach vorne stoßen, schließlich schieße ich sehr gerne auch Tore.
Auch als U-Nationalspieler hat Per Lockl bereits erste Erfahrung sammeln dürfen.
fussball.news: Haben Sie ein fußballerisches Vorbild?
Lockl: Ein fußballerisches Vorbild im klassischen Sinne besitze ich nicht. Ich habe mir aber früher Videos von Toni Kroos angesehen, weil er sehr ballsicher ist und ein starkes Passspiel aufzieht. Mir imponiert auch Joshua Kimmich. Er ist nicht der größte Spieler, aber sehr aggressiv und ballsicher. Ich würde ihn aber nicht als einziges Vorbild nehmen, auch wenn ich eines seiner Trikots mal bekommen habe. Das hat er mir mal nach einem Länderspiel geschenkt, als ich Balljunge sein durfte. Insgesamt orientiere ich mich in der Bundesliga an den Topvereinen und schaue mir präzise an, wie zum Beispiel Emre Can, Axel Witsel, Charles Aranguiz oder eben Kimmich auf ihren jeweiligen Positionen agieren.
fussball.news: Zum Abschluss noch: Wie lautet Ihr Fazit nach vier Jahren beim VfB Stuttgart?
Lockl: Die Zeit in Stuttgart war sehr lehrreich und erfolgreich. Es hat mich persönlich weitergebracht, zumal ich bereits mit 15 Jahren  ausgezogen bin und in Stuttgart mein Abitur gemacht habe. Meine letzten beiden Jahre beim VfB bleiben in besonderer Erinnerung, der DFB-Pokal-Sieg mit der A-Jugend 2019 war ein richtig schönes Gefühl. Mit den Jugendmannschaften waren wir zudem in der Bundesliga Süd stets in den Top Zwei der Tabelle. Ich habe die Entscheidung, mit 15 Jahren zum VfB zu wechseln, nie bereut. Es war eine schöne und gute Zeit in Stuttgart, auch wenn jetzt ein neues Kapitel für mich in Gladbach beginnt.

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