terça-feira, 5 de maio de 2020

Bundesliga: Die Signale stehen auf Anpfiff

Trotz des Handy-Fehltritts von Hertha-Profi Kalou wird erwartet, dass Politiker den Start der Bundesliga erlauben. Doch die Frage bleibt: Was passiert bei einem positiven Test im Spielbetrieb?

Die Signale stehen auf Anpfiff
Am Dienstag wies FDP-Chef Christian Lindner einen Millionär in die Schranken - einen "Fußballmillionär", um genau zu sein: Salomon Kalou von Hertha BSC, der am Vortag in einem Facebook-Video live seine Verstöße gegen die Corona-Regeln dokumentiert hatte und deswegen vom Klub von Trainings- und Spielbetrieb suspendiert wurde. Dieses "individuelle Fehlverhalten" eines Arbeitnehmers müsse "so streng geahndet werden, dass es selbst Fußballmillionären richtig weh tut", sagte der sonst der Großverdienerschelte eher unverdächtige Lindner ( dpa). Danach war Lindner aber gleich wieder Industrielobbyist: Aus der Verfehlung des Ivorers dürfe "nun kein Schaden für die Liga insgesamt entstehen".

Die Befürchtung, dass Kalous Fehltritt für die Fußballbranche und ihren Arbeitgeberverband DFL negative Folgen habe, hatte Lindner allerdings weitgehend exklusiv. Zwar braucht es viel Phantasie zu der Annahme, dass Kalou im Profibetrieb wirklich der behauptete "Einzelfall" sei. Und die Vorsitzende der Sportministerkonferenz der Länder, die Bremer Senatorin Anja Stahmann (Grüne), rügte Kalous Clip auch als "Bärendienst" für die Bundesliga. Doch Gesundheitsminister Jens Spahn (CDU) erteilte im Deutschlandfunk nur eine kleine Mahnung: "Ich hoffe, dass jetzt alle verstanden haben, dass es hier um etwas geht." Aus allen maßgeblichen Lagern war zu hören, dass das Video quasi folgenlos bleiben würde für die Zusammenkunft der Spitzenpolitiker am Mittwoch, die für die nähere und mittlere Zukunft des Profifußballs entscheidende Bedeutung hat.

Bundeskanzlerin Angela Merkel und die 16 Ministerpräsidenten entscheiden, ob die Liga wieder spielen darf - als Geisterbetrieb selbstverständlich, vor leeren Rängen. Das ist für die Branche überlebenswichtig, andernfalls droht rund einem Drittel der 36 Erst- und Zweitligisten bald der Ruin. Die Signale aus dem politischen Betrieb sind ziemlich eindeutig. Das 50-seitige Hygiene-Konzept der Liga habe sie überzeugt, taten maßgebliche Länderchefs ebenso kund wie aus dem Bundeskabinett bereits Spahn, Horst Seehofer (Innen, CSU) und Hubertus Heil (Arbeit, SPD). Nur die Kanzlerin selbst erklärte sich öffentlich noch nicht, sie galt eher als Bremserin.

Aber nun wird mit einem Ja für die Bundesliga gerechnet - trotz landesweit großen Unverständnisses und all der Debatten über die Sonderstellung für den Fußball. Das politische Kalkül ist offensichtlich, dass diese kritischen Debatten abebben, wenn parallel bis zum Wiederanpfiff des Profifußballs auch in anderen Bereichen Lockerungen versprochen oder umgesetzt werden. Für Mittwoch scheint nur noch die Frage zu sein, wann der Liga-Neustart möglich ist; dabei zeichnete sich nach SZ-Informationen in den Vorgesprächen aber ein Disput ab. Demnach sollen manche Länder wie Nordrhein-Westfalen oder Bayern einen Anpfiff schon am 15. Mai für möglich halten, eine andere Gruppe hingegen für einen späteren Termin plädieren, zum Beispiel den 29. Mai.

Doch auch bei einem grundsätzlichen Ja der Politik bleiben große Hindernisse, ob sich der Spielbetrieb und die neun ausstehenden Spieltage durchziehen lassen. Die größte Hürde ist, wie der Fußball damit umgehen will, wenn während des Mannschaftstrainings oder des Spielbetriebs ein Corona-Positivfall auftritt.



Das Robert-Koch-Institut (RKI) unterscheidet beim Umgang mit dem Umfeld eines positiv Getesteten zwei Kategorien. In Kategorie eins fallen Haushaltsangehörige und andere Personen, die mit einem Infizierten mindestens 15 Minuten Gesichts- oder Sprachkontakt hatten - nicht am Stück, sondern addiert. Diese Personen sollen in Quarantäne. Wer weniger als 15 Minuten Nahkontakt mit einem Infizierten hatte, zählt hingegen zur Kategorie zwei und soll nicht unbedingt in Quarantäne. Trotz der üblichen Abläufe eines Fußballspiels, trotz der vielen Zweikämpfe, Standardsituationen und verbalen Kommunikationsformen, sollen die Spieler gemäß des Hygiene-Konzeptes der DFL in Kategorie zwei gehören. Zudem, so argumentieren die Liga-Vertreter, entscheiden ja nicht die Vereine über den konkreten Umgang mit Positivfällen, sondern die jeweiligen lokalen Gesundheitsämter.




Die Frage ist, ob die Politik sie mit dieser Argumentation durchkommen lässt. Innenminister Seehofer sagte zwar, dass bei einem Positivtest die ganze Mannschaft in Quarantäne müsse. Die Ministerpräsidenten aber sind diesbezüglich bisher still. Auch Bayerns Landeschef Markus Söder wiederholte seine Aussage, dass ein Positivtest den Spielbetrieb zum Erliegen bringen würde, zuletzt nicht mehr.
Zu welchen Irritationen die Herangehensweise führen kann, zeigen aber schon die Folgen jener Tests, die die Liga bei allen Spielern und Betreuern vor Beginn des Mannschaftstrainings durchführen ließ. Zehn Positiv-Fälle gab es laut DFL bei 1724 Tests. Bekannt sind davon drei beim 1. FC Köln, einer bei Dynamo Dresden und einer bei Erzgebirge Aue. Zudem gehören laut Rheinischer Post ein Spieler und ein Physiotherapeut von Borussia Mönchengladbach dazu. Öffentlich mitteilen will die DFL die konkreten Fälle nicht.
Doch während Köln nur die drei Infizierten in Quarantäne schickte und die anderen weitertrainieren lässt, verhängte Aue am Dienstag drei Tage Quarantäne fürs komplette Team - nicht auf Anordnung des Gesundheitsamtes, sondern per eigener Entscheidung. Beim Klub hieß es am Dienstag, man habe sich für eine dreitägige Quarantäne entschieden, weil am Donnerstag neue Tests gemacht werden. Danach werde im Lichte der Ergebnisse neu entschieden. Virologisch spielte eine Frist von drei Tagen bisher keine Rolle, weil es viel länger dauern kann, bis sich die Krankheit bei einem Infizierten auch zeigt.

Ein zweiter heikler Punkt bleibt die Befürchtung, dass es vermehrt zu Zusammenkünften vieler Menschen kommt, wenn wieder Spiele stattfinden. Das könnte in Wohnzimmern oder in noch geschlossenen Sportbars passieren - wobei dem Fußball hier argumentativ in die Karten spielt, dass die Politik auch die Beschränkungen für Gastronomie oder für Zusammenkünfte im heimischen Wohnzimmer wieder lockern will. Und zudem besteht die Sorge, dass sich bei Geisterspielen - wie schon im März - Fans vor dem Stadion zusammenrotten könnten. Ironischerweise sehen just zahlreiche Ultra-Gruppierungen den Wiederanpfiff der Liga sehr kritisch.

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