- Bei ihrer außerordentlichen Mitgliederversammlung beschließt die Deutsche Fußball Liga (DFL) eine Aussetzung des Spielbetriebs bis zum 2. April.
- Dass es danach direkt weitergeht, erwartet keiner der Beteiligten.
- DFL-Chef Seifert bereitet die Klubs auf Geisterspiele vor.
Bernd Hoffmann, der Vorstandsvorsitzende des Hamburger SV, gab sich Mühe, vorsichtig zu sein. Während er mit der linken Hand die Tasse Kaffee balancierte, versuchte er mit dem Ellbogen des rechten Armes die Klinke der Tür zum Sitzungssaal herunterzudrücken. Funktionierte aber nicht, weshalb er dann doch den Griff in die Hand nahm, um sich Zutritt zu verschaffen. Eile war geboten, der deutsche Profifußball saß zum Gipfeltreffen hinter der sperrigen Tür im Frankfurter Flughafenhotel beisammen, und die Lage der Klubs in der Corona-Krise ist mit dem Begriff ernst offenbar unzureichend beschrieben. Dass, wie Teilnehmer schilderten, die typischen Kontroversen, Debatten und Verteilungskämpfe unter den Vertretern der ungleichen Vereine ausblieben, ist als weiteres Alarmsignal zu deuten.
Drei Stunden dauerte die außerordentliche Mitgliederversammlung der beiden Spitzenligen, die seit dem vorigen Wochenende in eine Zwangspause eingetreten sind, die vorläufig bis Anfang April terminiert war und nun mit der Absage des 27. Spieltags verlängert wurde. Dass es danach tatsächlich weitergeht mit dem Spielbetrieb, das erwartet im Grunde keiner der Beteiligten, zumal in verschiedenen Bundesländern jeglicher Sportverkehr bereits bis Mitte April suspendiert worden ist. Ob am 19. oder 26. April oder im Mai oder Juni wieder gespielt werde, darüber könne man nur spekulieren, sagte DFL-Geschäftsführer Christian Seifert.
Zwar rechnet man bei der DFL damit, dass durch die Verschiebung der Europameisterschaft mehr Platz im Terminkalender entsteht, doch auch dann wird es allenfalls eine unpopuläre Variante des Volksvergnügens Fußball geben, das sollte nach Seiferts Berichterstattung jedem Vereinsdelegierten klar geworden sein: Fußball mit Zuschauern werde es vorerst nicht mehr geben, "Geisterspiele sind in der nächsten Zeit die einzige Überlebenschance für viele Klubs", sagte der DFL-Chef, "ich bitte Millionen von Fans um Verständnis und Unterstützung für diese Überlegungen". Die Sicherung der Fernseheinnahmen und der damit verbundenen Sponsoring-Erlöse hat für die Liga demnach oberste wirtschaftliche Priorität.
"Alle anwesenden Vertreter der Liga und auch ich erleben gerade die vermutlich schwierigste Phase unseres Berufslebens", erklärte Seifert, der nicht bekannt ist als Freund pathetischer Worte. Die ungewisse Entwicklung der Situation mache vorausschauendes Handeln nahezu unmöglich. "Wenn das Coronavirus unser größter Feind ist, dann ist vermutlich die Unsicherheit der zweitgrößte." Die verordnete Spielpause sollen die Klubs zur Sondierung ihrer finanziellen Verhältnisse, Sorgen und Nöte nutzen. "Alle Klubs entwerfen umgehend Extrem-Szenarien hinsichtlich ihrer wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit und melden diese umgehend der DFL", so Seifert. Oder: "Um es ganz offen zu sagen, wir müssen einen Überblick bekommen, wer hält wie lange ohne Spiele durch?" Dies ist offenbar kein Entwurf für ein Horrorszenario, sondern die zentrale und höchst realistische Frage der Krise.
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