terça-feira, 28 de abril de 2020

WM-Prozess geplatzt - Schweizer Justiz und FIFA unter Druck

Das stille Ende des Sommermärchen-Prozesses wurde zur Randnotiz. Nach neuerlichen Medienberichten über die enge Verstrickung von FIFA-Präsident Gianni Infantino in die Schweizer Justiz steht der Fußball-Weltverband an seinem Amtssitz gehörig unter Druck.



«Wir, die Bananenrepublik», schrieben mehrere Schweizer Zeitungen über die Irrungen der Ermittler und die geheimen Treffen von Infantino mit Bundesanwalt Michael Lauber. Die FIFA reagierte ungewöhnlich erbost - und mit viel Pathos.
«Nicht für die FIFA, für die Schweiz», sei die gesamte Affäre schwer belastend, sollte sich herausstellen dass man ungestraft «zig Millionen stehlen» könne. «Konzentrieren wir uns auf die Bestrafung der Kriminellen, ohne uns auf lokale politische Streitigkeiten zwischen einigen Abgeordneten, Medien und/oder Staatsanwälten einzulassen», appellierte der Weltverband.
Unter anderem das Nachrichtenmagazin «Der Spiegel» hatte berichtet, Infantino habe versucht, unerlaubten Einfluss auf Ermittlungen zu nehmen. Konkret ging es bei den Untersuchungen um einen TV-Vertrag der UEFA mit südamerikanischen Rechtehändlern, den Infantino noch in seiner Zeit bei der Europäischen Fußball-Union unterzeichnet hatte. Laut FIFA war der Vertrag rechtlich einwandfrei.

In einer E-Mail an einen Freund aus hohen Justizkreisen soll Infantino vor einem anberaumten Treffen mit Lauber im Jahr 2016 geschrieben haben: «Ich werde versuchen, es der Bundesanwaltschaft zu erklären, da es ja auch in meinem Interesse ist, dass alles so schnell wie möglich geklärt wird, dass klar gesagt wird, dass ich damit nichts zu tun habe.» Der Schweizer «Tagesanzeiger» schreibt dazu, es sei durch die E-Mail erwiesen, «dass sich Weltfußball-Chef Infantino in einer Zusammenkunft mit Lauber reinwaschen wollte».


Die Treffen sind durch ein Disziplinarverfahren der Aufsichtsbehörde über die Bundesanwaltschaft inzwischen verbürgt. Lauber habe seine Pflichten «verschiedentlich und teilweise erheblich verletzt», so das Ergebnis. Schweizer Medien zufolge wird in der Politik die Möglichkeit eines Amtsenthebungsverfahrens geprüft.
«Tatsächlich war Herr Infantino weder Gegenstand eines Ermittlungsverfahrens noch gab es gegen ihn zu diesem Zeitpunkt oder später ein Verfahren. Daher musste er nie «seinen Namen reinigen», hieß es von der FIFA. Zudem sei die E-Mail «offensichtlich durch Hacking» öffentlich geworden, «was eine illegale und kriminelle Handlung ist. Solche E-Mails werden nicht nur gehackt, sondern können auch leicht manipuliert werden». Der «Spiegel» hatte berichtet, die Informationen über die Enthüllungsplattform Football Leaks erhalten zu haben.
Die Mitteilung zum Ende des Sommermärchen-Prozesses unter anderem gegen mehrere frühere Funktionäre des Deutschen Fußball-Bundes war für Dienstagnachmittag angekündigt. Das spät gestartete Verfahren war wegen der Coronavirus-Pandemie mehrfach unterbrochen worden - bis am Montag die Verjährung eintrat. Die Ermittlungen der Bundesanwaltschaft zu den ominösen 6,7 Millionen Euro hatten allerdings ohnehin wenig Erhellendes zutage gefördert. Angeklagt waren die früheren DFB-Präsidenten Theo Zwanziger und Wolfgang Niersbach sowie der frühere DFB-Generalsekretär Horst R. Schmidt und der Schweizer Urs Linsi, einst FIFA-Generalsekretär.
«Das Sommermärchen-Debakel kratzt nicht nur am Image der Schweizer Justiz im Ausland. Es wird die Schweizer Steuerzahler zudem teuer zu stehen kommen», schrieb die Boulevardzeitung «Blick». Der «Tagesanzeiger» urteilte: «Das prestigeträchtige Sommermärchen-Verfahren endet damit definitiv in einem Desaster.»
Ob die Zahlungen aus dem Jahr 2002 und 2005, an denen der damalige WM-Organisationschef Franz Beckenbauer maßgeblich beteiligt war, auch noch einmal vom Landgericht Frankfurt wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung aufgegriffen werden, ist noch offen. Das Gericht prüfe die Auswirkungen des Verfahrensausgangs in der Schweiz, hieß es am Dienstag.

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