terça-feira, 30 de junho de 2020

Ultras und die "Geisterspiele" - wenig deutet auf Proteste vor Ort hin

Politik und Polizei melden Bedenken bei den geplanten Bundesliga-Spielen unter Zuschauerausschluss an. Könnten Ultras ihren Protest in Gruppen vor die Stadiontore tragen? Derzeit deutet wenig darauf hin.
Die Überschriften vermitteln eine bevorstehende Eskalation. In den vergangenen Tagen waren solche Schlagzeilen zu lesen: "Angst vor Fantreffen", "Stoppen Ultras die Bundesliga?" oder "Die große Gefahr". Gemeint sind Ansammlungen von Fans vor den Stadien der Bundesliga und der 2. Bundesliga. Solche Treffen wären Verstöße gegen das Kontaktverbot, eine gefährliche Möglichkeit zur Verbreitung des Coronavirus - und die angedeuteten Treffen würden das finanzträchtige Konzept der Deutschen Fußball-Liga (DFL) zur Fortsetzung der Bundesliga schnell in Frage stellen.

Fanforscher: "Von konkreten Aufrufen ist nichts bekannt"

"Die sogenannten Geisterspiele dürfen in Pandemiezeiten nicht zu Menschenansammlungen vor den Stadiontoren führen", sagte der stellvertretende GdP-Bundesvorsitzende Jörg Radek der Deutschen Presse-Agentur: "Dies ist wegen der steigenden Ansteckungsgefahr für jeden Fußballanhänger nicht nur untersagt, sondern zugleich unverantwortlich." Auch Politiker wie Bremens Innensenator Ulrich Mäurer oder Nordrhein-Westfalens Innenminister Herbert Reul äußerten Bedenken. Doch sind die berechtigt?
Dass die Polizei von keinen konkreten Hinweisen spricht, ist angesichts eines noch nicht feststehenden Spielplans nachvollziehbar. Warum diese Angst aber nun trotzdem geschürt wird, ist nicht ganz klar. "Von konkreten Aufrufen ist nichts bekannt", sagt Fanforscher Jonas Gabler im Gespräch mit sportschau.de. "Das Verhalten vieler Fan- und Ultra-Gruppierungen seit Ausbruch der Pandemie lässt kaum Rückschlüsse auf solche Treffen zu."

11. März: Gladbachs Spieler feiern nach Geisterspiel mit Fans

Das war am 11. März anders. Als Borussia Mönchengladbach im ersten und bislang einzigen sogenannten "Geisterspiel" der Bundesligageschichte auf den 1. FC Köln traf, rief eine Ultra-Gruppe der Gladbacher konkret zu einem Treffen vor dem Stadion auf und versprach die gemeinsame Verfolgung einer Fernsehübertragung. Leichtsinnig war das angesichts der Ausbreitung des Virus, zumal auch die Verantwortlichen der Stadt genau vor solchen Treffen gewarnt hatten. Unverantwortlich verhielt sich auch der Verein, als die Spieler das Kommen der Fans auch noch mit einer Feier zum Derbysieg belohnten.

Doch am 11. März herrschte in ganz Deutschland noch eine andere Stimmung als Ende April. "Das kann jeder an sich selbst beobachten", sagt Gabler. "Was an einem Wochenende noch normal war, fühlte sich wenige Tage später komisch an und war dann undenkbar." Dass die Gladbacher Mannschaft oder ihre Fans einen solchen Auftritt erneut hinlegen würden, erscheint unwahrscheinlich.
Das Spiel ohne Fans in der Europa League zwischen Eintracht Frankfurt und dem FC Basel am 12. März, also einen Tag nach dem Spiel zwischen Gladbach und Köln, deutet auf diese schnelle Sensibilisierung hin. Die Partie lief ohne jede Fanversammlung vor dem Stadion, und Frankfurt hat eine der stärksten Ultraszenen in Deutschland.

Ultras reagierten auf die Krise mit Hilfsaktionen

"Aktive Fans zeichnen sich durch die Übernahme gesellschaftlicher Verantwortung aus. Deshalb bin ich mir sicher, dass sie sich dieser Verantwortung auch künftig bewusst sein werden", sagte Helen Breit, Sprecherin der Fanorganisation "Unsere Kurve", der Sportschau.
Was sie meint: Zahlreiche Ultragruppen in Deutschland haben mit Ausbruch der Coronavirus-Pandemie Hilfsaktionen gestartet. Einkaufshilfen, Aufrufe zu Geld- oder Blutspenden oder das Angebot von Botendiensten für Menschen in Quarantäne - die Angebote gab es, öffentlich wurden sie wenig gewürdigt. An manchen Krankenhäusern hingen Danksagungen der Gruppen. Viele Ultragruppen zeigten, dass sie die Lage ernst nahmen - sollte das jetzt anders sein?

Aufrufe von Ultras: "Lasst Vernunft walten"

Die Spiele ohne Zuschauer lehnt die Mehrzahl der organisierten Fans in Deutschland kategorisch ab. In den Erklärungen mehrerer Fan-Organisationen werden diese Partien als allein vom Geld getriebene Schutzmaßnahmen für das aktuell Fußballsystem kritisiert. Dass die Ultras diesen Protest vor die leeren Stadien tragen, bleibt auch angesichts einiger Aufrufe von Gruppen fraglich - denn die sind von Vernunft geprägt.
"Bleibt solidarisch, haltet Abstand, tut persönlich das, was möglich ist, um die Ausbreitung von Covid-19 weiter zu reduzieren", schreibt der "Club Nr. 12", eine Vereinigung aktiver Fans des FC Bayern. Vor dem dann abgesagten "Geisterspieltag" der Bundesliga Mitte März stellte die Stuttgarter Ultragruppe "Commando Cannstatt" klar: "Wir werden im Umfeld der Austragungsorte nicht als Gruppe präsent sein. Wir werden zu keinerlei Ersatzveranstaltungen oder sonstigen Happenings aufrufen. Wir können nur an jeden Einzelnen appellieren, Vernunft walten zu lassen." Die Befürchtungen von Bremens Innensenator Mäurer zu Fantreffen wies der Dachverband Bremer Fanclubs zurück: "Wir zweifeln diese Erkenntnisse an." Man sei "verwundert" über die Unterstellung gegen Fans und Ultras, die Abstandsregeln zu unterlaufen.
Das sieht auch Helen Breit von "Unsere Kurve" so. "Die Fans werden sich weiterhin kritisch äußern, aber nicht verantwortungslos handeln. Daher werden sie sich bei den möglichen Geisterspielen sicher auch an die behördlichen Auflagen halten." Ein Versprechen, dass es einzulösen gilt - wenn es mit den Spielen los gehen sollte.

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