Im Alter von 59 Jahren ist der langjährige Bundesligastürmer Hans-Jörg Criens gestorben. Vor allem ein Spiel hat ihn berühmt gemacht. Im legendären Pokalhalbfinale von 1984 begründete er einen Mythos.
Der deutsche Fußball trauert um Hans-Jörg Criens. Der langjährige Stürmer und Kapitän von Borussia Mönchengladbach starb mit nur 59 Jahren an einem Herzinfarkt. Criens erzielte für die Borussia in 290 Bundesligaspielen 92 Tore und ist damit bis heute hinter Jupp Heynckes (195) und Herbert Laumen (97) der dritterfolgreichste Torjäger der Klubgeschichte.
Es war aber vor allem ein Spiel, für das Criens berühmt wurde und wegen dem sein Name in die Fußball-Annalen einging. Er war der erste deutsche Joker des deutschen Fußballs. Bis heute werden eingewechselte Spieler, die einer Partie eine Wende geben oder sie entscheiden, mit der Figur von der Spielkarte betitelt. Die Videokassette mit der Aufzeichnung des legendären Spiels stand auch nach der Karriere noch in seinem Wohnzimmerregal, wie er 2015 in „Der Westen“ berichtete. Er habe nur keinen Rekorder mehr, „um mir das Video anzusehen“.
1. Mai 1984, 18.00 Uhr: Auf dem Gladbacher Bökelberg wird das Pokalspiel zwischen Mönchengladbach und Werder Bremen angepfiffen. Erstmals in der deutschen Fernsehgeschichte wird auch ein Halbfinale dieses Wettbewerbs live übertragen, bislang gab es für die Fans vor dem TV nur das Endspiel zu sehen. Gleich zur Premiere kann die ARD eines der bis heute größten Dramen in der Geschichte des Wettbewerbs anbieten.
Lothar Matthäus schießt das 1:0
Dies lag zum einen an der Torfolge, die der damals 23-jährige Lothar Matthäus für die Borussia eröffnete. Beim Stand von 2:1 flog eine Tränengasbombe aus dem Bremer Block auf den Rasen, das Spiel wurde unterbrochen, etliche Spieler hatten Probleme mit den Augen, was Werder-Kapitän Benno Möhlmann dazu veranlasste, noch auf dem Rasen Protest einzulegen. Dieser wurde später aber zurückgezogen.
Gladbach erhöhte nach dem Skandal auf 3:1, drohte aber dennoch, das Finale zu verpassen, weil Bremen das Spiel mit drei Treffern in Folge drehte. Als das 3:4 fiel, stand Criens bereits auf dem Platz, er war in der 82. Minute für Ewald Lienen eingewechselt worden, hatte bis dahin nach eigener Aussage aber noch nicht einmal den Ball berührt. Dann aber kam sein großer Auftritt.
Wegen der Unterbrechung ließ der Schiedsrichter lange nachspielen, es lief bereits die 95. Minute, als Criens nach einem Eckball mit der letzten Aktion der regulären Spielzeit per Flugkopfball das 4:4 erzielte. Verlängerung, die ARD sah sich genötigt, die Tagesschau zu verschieben und strahlte in der 107. Spielminute die Szene aus, die den Mythos des Jokers endgültig begründete.
Der ebenfalls eingewechselte Uli Borowka, damals 21 Jahre jung, schlug einen langen Ball in den Bremer Strafraum. Criens nahm ihn mit gestrecktem Bein aus der Luft an, ließ ihn von seinem Kopf abtropfen und setzte den Ball per Dropkick vorbei an Torwart Dieter Burdenski zum 5:4 in die Maschen. „Das war Fußball total! Ein Spiel, das in die Geschichte eingehen wird“, bilanzierte der „Kicker“. Und Criens sagte später einmal: „Solch ein Glücksgefühl nach einem Tor hatte ich danach nicht mehr.”
Im Sportstudio zückt Senne den Joker
In den Medien wurde der bis dahin unbekannte Begriff des Jokers geboren und vier Tage nach dem Spiel im Sportstudio des ZDF manifestiert. Criens war am Samstagabend als Mann der Woche eingeladen. Als er das Studio betrat, begrüßte ihn Moderator Carl Senne mit einer riesigen Spielkarte, auf der ein Joker abgebildet war. In der ARD wurde sein 5:4 später zum Tor des Monats gewählt.
Trotz seiner vielen Tore sollte es für Criens nie für einen Einsatz in der A-Nationalmannschaft oder einen Titel reichen. Das anschließende Finale 1984 ging ebenfalls in die Geschichte ein. Gladbach verlor es gegen den FC Bayern im Elfmeterschießen, den letzten Gladbacher Strafstoß im Frankfurter Waldstadion vergab ausgerechnet Lothar Matthäus, dessen Wechsel zu den Bayern bereits vor dem Spiel feststand.
1992 sollte Criens als Kapitän der Borussia noch einmal das Pokalfinale erreichen, verlor aber auch dieses Elfmeterschießen. Diesmal gegen Hannover 96. Criens war in beiden Elfmeterschießen an den Punkt getreten und hatte seine Versuche jeweils verwandelt.
Nach der Karriere war Criens lange Jahre Trainer kleinerer Klubs und arbeitete als Taxifahrer für Rollstuhlfahrer. „Das macht mir Spaß und erweitert meinen Horizont“, sagte er.
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