Im Frühjahr 1990 kämpft der 1. FC Union Berlin in der zweitklassigen DDR-Liga mit dem FC Vorwärts Frankfurt (Oder) um den Aufstieg. Die Zeit nach dem Mauerfall ist aus den Fugen. Am 18. März 1990, heute auf den Tag genau vor 30 Jahren, ist das auf verschieden Ebenen zu spüren. Im großen Maßstab finden in der DDR die ersten und letzten freien Wahlen statt. Im Mikrokosmos der Union-Fußballer läuft mit Jacek Mencel der erste Ausländer auf.
Der Pole von Pogon Szczecin (Stettin) tut dies vor 2500 Zuschauern in der Berliner Nordendarena. In der Begegnung beim Pankower Fußballverein (PFV) Bergmann Borsig, dessen Fußballer sich kurz zuvor von der Betriebssportgemeinschaft (BSG) Bergmann Borsig gelöst hatten, schießt der 24 Jahre alte Angreifer auf Anhieb zwei Tore zum 1:0 (17.) und 3:2 (90.). Die 2:3-Niederlage kann aber auch er nicht verhindern.
Die Freigabe erhält Mencel erst zwei Tage vor dem Spiel. In dieser gestattet der Fußball-Verband der DDR die Zulassung von jeweils drei Ausländern in der DDR-Oberliga und -Liga. Dass Mencel ausgerechnet bei Union landet, hat mit den guten Beziehungen des ehemaligen Union-Trainers Karl Schäffner ins Nachbarland Polen zu tun. "Schäffner war zwar nicht mehr Union-Trainer, kannte aber die Verantwortlichen von Pogon", erinnert sich der ehemalige Union-Manager Pedro Brombacher 2012. "Die Ablöse betrug 50.000 Ostmark. Westgeld hatten wir ja noch nicht."
Mencel schlägt ein
Mencel schlägt ein. Bis zum Jahr 1994 gelingen ihm 77 Pflichtspieltore für die Köpenicker. Erst 2009 wird er von Karim Benyamina eingeholt, der es bis zu seinem Abgang 2011 auf 87 Pflichtspieltreffer im rot-weißen Trikot bringt. Auf Rang zwei liegt Mencel aber immer noch.
Seine erfolgreichste Serie spielt Mencel 1992/93 unter Cheftrainer Frank Pagelsdorf in der drittklassigen NOFV-Oberliga. Nach 24 Treffern in 29 Begegnungen wird er zum "Unioner des Jahres" gekürt.
Die Spur verliert sich
1993 schafft Mencel mit Union sportlich den Aufstieg in die 2. Bundesliga. Wegen einer gefälschten Bankbürgschaft wird dieser jedoch annulliert. 1994 wechselt Mencel zum Drittligisten Tennis Borussia. Die Berliner verleihen Mencel noch in der Spielzeit 1994/95 zum Zweitlisten Hansa Rostock, der inzwischen vom Ex-Unioner Pagelsdorf trainiert wird. Hansa, Pagelsdorf und Mencel steigen in die 1. Bundesliga auf. Mencel verbleibt aber im Unterhaus. Zwischen 1995 und 1997 spielt er für den FSV Zwickau.
Danach verliert sich seine Spur. Zu Union, ehemaligen Mitspielern oder anderen Ex-Vereinen in Deutschland hält Mencel offensichtlich keinen Kontakt. Falls er diesen Artikel lesen sollte, möge er sich bitte melden.
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