Bei der Verpflichtung von Toptalent Armindo Sieb (17) von der TSG 1899 Hoffenheim steht der FC Bayern wegen fehlender Absprachen in der Kritik. Kein Einzelfall in der Transferpolitik des deutschen Rekordmeisters.
In der Bundesliga brodelt es aktuell wieder. Der Grund: Die oft als rücksichtslos und wenig transparent bezeichnete Transferpolitik des FC Bayern. Der hatte den von 1899 Hoffenheim bereits abgeworbenen Nachwuchsstürmer Armindo Sieb zum Medizincheck nach München bestellt – wohl ohne Absprache mit der TSG-Klubführung. Sieb erschien in München und verpasste in Hoffenheim eine offenbar kurzfristig anberaumte Trainingseinheit. Bei Sport1 jedenfalls ging Alexander Rosen, Manager der TSG 1899 Hoffenheim, den Klub von der Isar scharf an: „Vor dem Hintergrund der aktuellen Coronakrise mit all ihren Einschränkungen und Herausforderungen fehlen mir für so ein Verhalten die Worte.“
Fall Mario Götze: Die BVB-Verantwortlichen wussten von nichts
Es ist nicht der einzige Fall, bei dem die Münchner andere Konkurrenten in der Bundesliga sprachlos zurückließen. Traurige Berühmtheit erlangte der Fall Mario Götze, dessen Wechsel zum FC Bayern 2013 für die Verantwortlichen von Borussia Dortmund zum Schock wurde. Die Münchner hatten in diesem Fall es offensichtlich ganz unterlassen, die Klubführung von den Verhandlungen mit deren Leistungsträger in Kenntnis zu setzen. Die Nachricht von Götzes Wechsel traf die Schwarz-Gelben demnach völlig unerwartet und wenige Wochen vor dem Champions League-Finale, in dem Borussia Dortmund gegen Bayern München in Wembley mit 1:2 unterlag.
Zwei Faktoren für die intransparente Transferpolitik beim FC Bayern
Auch zwischen Borussia Mönchengladbach und dem FC Bayern kam es bereits zu massiven Streitigkeiten wegen der rot-weißen Transferpolitik. Beim Werben um das Nachwuchstalent Sinan Kurt verzichteten die Verantwortlichen des FC Bayern offenbar auf den direkten Kontakt mit der Gladbacher Klubführung. Vizepräsident Rainer Bonhof äußerte sich dementsprechend verärgert. Die Rheinische Post zitierte Bonhof: „Hinter dem Rücken eine Vereinbarung mit einem zu dem Zeitpunkt noch 17-Jährigen abzuschließen, der eigentlich noch an uns gebunden ist, damit haben wir natürlich massive Probleme.“ Sonst bemüht sich der Verein als weltoffener Spitzenklub mit Herz wahrgenommen zu werden, der gegen Rassismus und für mehr Toleranz in der Gesellschaft eintritt. Doch bei Transfers lässt der FC Bayern oftmals wohl die nötige Transparenz und das Mindestmaß an Umgangsformen vermissen. Dieser Widerspruch könnte womöglich an zwei Faktoren liegen:
1. Neidfaktor
Der FC Bayern gilt in der Bundesliga seit Jahrzehnten als die erste Adresse. Wer zu den Roten kommt, hat es „geschafft“, hat Aussicht auf viele Titel und absolute Spitzengehälter. Viele Spieler, die vor einem Wechsel zum FC Bayern stehen, fürchten womöglich diesen Neidfaktor von Seiten ihrer Kollegen und Vorgesetzten und wollen von sich aus die Verhandlungen mit dem deutschen Rekordmeister erstmal geheim halten. In der Biographie von BVB-Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke äußerte sich Karl-Heinz Rummenigge bei der Causa Götze in einer ähnlichen Richtung. So habe man damals die Dortmunder Verantwortlichen „gar nicht kontaktiert, weil das auch der Wunsch von Marios Berater war. Alles sollte schön unter der Decke bleiben.“
2. Schwächung der direkten Konkurrenz
Dem FC Bayern wird in seiner Transferpolitik schon lange nachgesagt, die direkte Konkurrenz mit Verpflichtungen taktisch gezielt schwächen zu wollen. Gerade im Fall Borussia Dortmund, die nach zwei Meisterschaften in Folge (2010/11; 2011/12) nacheinander die Schlüsselspieler Mario Götze (offensives Mittelfeld), Mats Hummels (Verteidiger) und Robert Lewandowski (Stürmer) an den FC Bayern abgeben mussten, liegt diese Vermutung nahe. Um in diesem Zusammenhang einem offenen Konflikt mit der jeweiligen Vereinsführung aus dem Weg zu gehen, tendieren die Verantwortlichen des FC Bayern wohl eher dazu, nur mit dem Spieler und dessen Berater zu verhandeln. Den Konflikt an sich beseitigt diese Taktik allerdings nicht, sondern verstärkt ihn vielmehr. Möglicherweise sollte der deutsche Rekordmeister deshalb dieses Vorgehen in Zukunft hinterfragen.
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